Vorarbeiten und Bau

Das Härtsfeld lag Ende des 19. Jahrhunderts abseits mehrerer Bahnlinien, die als Hauptbahnen in Württemberg und Bayern entstanden waren. Während die Gemeinden entlang der Bahnlinien rings um das Härtsfeld einen Boom erlebten, verarmte die Bevölkerung des Härtsfelds immer mehr. Industrie gab es nicht, Forst- und Landwirtschaft dominierten. Wer arbeitswillig war, zog weg. Um der wirtschaftlichen Perspektivlosigkeit entgegenzuwirken, wurde Ende der 1880er Jahre in Neresheim ein Eisenbahnkomitee gebildet, welches den Bau einer Bahnlinie über das Härtsfeld zum Ziel hatte. In dessen Auftrag erstellt der Stuttgarter Professor Moritz Sapper im Frühjahr 1892 eine „Denkschrift über eine Schmalspurbahn (75 cm W.) von Aalen über Neresheim nach Dischingen a.E. beziehungsweise von Unterkochen über Neresheim nach Dischingen. Die 2te Linie soll theilweise als Zahnradbahn erstellt werden.“ Darin waren neben einer Begründung über die Notwendigkeit einer Bahnlinie auch bereits Trassenvarianten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen enthalten. Es bildete die Grundlage für eine Bittschrift an das Hohe Königliche Minsterium der auswärtigen Angelegenheiten, Abtheilung für Verkehrs-Anstalten im November 1892 und eine Petition an die württembergische Ständekammer im Februar 1893.  

Titelblatt des Sapperschen Gutachtens, wobei hier noch eine Spurweite von 750 mm angenommen wurde. (Archiv Härtsfeld-Museumsbahn e.V.)

Die Generaldirektion der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen, welche das Projekt bis 1895 weiter untersuchte, stand ihm aus betriebswirtschaftlichen Gründen ablehnend gegenüber. Sie rechneten mit höheren Bau- und Betriebskosten und geringeren Einnahmen und sahen gegenüber Sapper, welcher Einnahmen von 21.000 Mark pro Jahr prognostizierte, ein jährliches Defizit von 45.000 Mark. Doch das Eisenbahnkomitee ließ sich nicht entmutigen und reichte kurz darauf eine zweite Bittschrift ein, die den Aspekt des wirtschaftlichen Notstandes auf dem Härtsfeld stärker hervorhob. Es dauerte jedoch noch bis 1897 bevor weitere Schritte im Landtag erfolgten. Die volkswirtschaftlichen Kommission der Kammer der Abgeordneten hatte sich im Februar 1897 für eine beschleunigte Erweiterung des Nebenbahnnetzes in Württemberg ausgesprochen. Dies sollte unter anderem durch den Bau von Schmalspurbahnen und den Zugang von Privatunternehmen zum Bahnbau ermöglicht werden. Im Jahr davor hatten sich in den Städten Lauingen, Heidenheim und Dillingen Initiativen zum Bau einer Bahn auf das Härtsfeld gebildet. Das Projekt für eine Härtsfeldbahn von Heidenheim an der Brenz nach Neresheim und Dischingen wurde von den Härtsfeldern allerdings abgelehnt, da hierin nur ein Versuch der Heidenheimer Industrie gesehen wurde, billige Arbeitskräfte zu bekommen und keine wirtschaftliche Förderung des Härtsfelds. Die Initiativen von Neresheim, Dillingen und Lauingen hingegen schlossen sich zusammen und erkannten die Chance einer das Härtsfeld durchquerenden Bahn mit Anschlüssen in Württemberg und Bayern.

Den Privatbahnplänen stand das Neresheimer Bahnkomitee nach einer negativ beantworteten Anfrage an die Münchner Lokalbahn Aktiengesellschaft skeptisch gegenüber. Die Gewinnaussichten wurden als zu gering bewertet und das Engagement des Staates gefordert. Trotzdem kam im Juli 1898 ein Kontakt zur Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft in Köln zustande, welche in einer eigenen Untersuchung nur einer Bahnlinie Aalen–Neresheim–Dischingen ohne Zahnstangenabschnitt die Möglichkeit eines geringen Gewinns zusprach. Diesen versprach sie sich durch einen „flotten Personenverkehr“, weshalb sie die Bahn in Meterspur ausführen wollte. Erstmals in Erwägung gezogen wurde eine Ausführung bis Ballmertshofen und später gar bis Dillingen. Gegen einen Baukostenzuschuss von 900.000 Mark und eine kosten- und lastenfreie Überlassung von Grund und Boden erklärte sich das Unternehmen bereit, die Strecke zu bauen. Am 1. Juli 1899, wenige Tage nach der ursprünglich durch die Gesellschaft gesetzten Frist, stimmte der Landtag dem Projekt einer eine Härtsfeldbahn von Aalen über Neresheim nach Ballmertshofen zu und stellte als erste Zuschussrate 250.000 Mark zur Verfügung. Insgesamt sollte die staatliche Beteiligung 840.000 Mark betragen bei geplanten Gesamtprojektkosten von 2,1 Mio. Mark.

Unterschiedliche Varianten des Albaufstiegs bis Ebnat standen zur Diskussion, darunter auch mehrere mit Zahnstangenabschnitten. (Grafik: Dr. Kurt Seidel, Archiv Härtsfeld-Museumsbahn e.V.)

Die direkten Vorarbeiten für die Strecke begannen im September 1899, mit der Einrichtung des Baubüros in Aalen. Die Grunderwerbungskommission nahm ihre Arbeit im April 1900 auf, um die 537 nötigen Kaufverträge, von welchen 16 mittels Enteignung zustande kamen, auszuhandeln. Am 26. Mai 1900 begannen die ersten Bauarbeiten. Geplant wurde mit Minimalradien von 80 Metern und einer Maximalsteigung von 28 Promille. An Kunstbauten kamen ein Viadukt und ein Tunnel hinzu. In 15 Monaten sollten 38,94 km Strecke gebaut werden. Bis zu 700 Personen, neben einheimischen Arbeitern auch 300 Italiener und Österreicher, waren beim Streckenbau im Einsatz, welcher von der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft mit großem Nachdruck betrieben wurde. Die Konzession für den Betrieb der Strecke wurde im Juli 1900 der Firma Württembergische Lokaleisenbahnen erteilt, einer Tochter der Badischen Lokal-Eisenbahnen AG, die wiederum eine Tochter der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft war.

Am 18. Juli 1900 wurde mit den Fundamentarbeiten für den Unterkochener Viadukt begonnen, im August begannen die Arbeiten am Wallenhau-Tunnel. Zehn Monate später waren Viadukt und Tunnel fertiggestellt. Ebenfalls im Juni 1901 wurde durch den Landtag die zweite Rate von 590.000 Mark gewährt. Die Projektkosten lagen ohne den Grunderwerb nun bei 2.746.000 Mark.  Bis Juli 1901 waren die Erdarbeiten für die Trasse beendet, im Mai und Juni war bereits mit 100 Wagenladungen das Oberbaumaterial in Aalen angekommen. Anfang Juli kamen drei Baulokomotiven mit Wagen an, die Gleisbau-Arbeiten konnten beginnen. Ende des Monats war das Gleis bereits bis Ebnat verlegt, am 22. August erreichte der erste Materialzug Neresheim und am 20. September konnte das Streckenende in Ballmertshofen erreicht werden, was einer Tagesleistung von 700 Metern entspricht. Im Anschluss erfolgte die Streckenausstattung mit Signaltafeln und Telegraphenleitung. Bis Mitte Oktober standen alle Hochbauten. Im September und Oktober wurde das Rollmaterial angeliefert. Die angepeilte Bauzeit von 15 Monaten konnte eingehalten werden, rechnerisch dauerte der Bau eines Kilometers elf Tage, ein bis dahin nicht gekanntes Bautempo. Die Schlussabrechnung kam auf Kosten von 2,5 Mio. Mark, für die Betriebsmittel waren nochmals 300.000 Mark fällig. Abzüglich der Zuschüsse hatte die Westdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft 1,5 Mio. Mark investieren müssen.

Eröffnung und anfänglicher Betrieb

Am 29. Oktober 1901 begannen die Eröffnungsfeierlichkeiten, am 31. Oktober wurde der reguläre Zugbetrieb aufgenommen. Der erste Fahrplan wies drei Zugpaare aus, die über die Gesamtstrecke verkehrten. Drei Lokomotiven waren für den Betrieb der Härtsfeldbahn vorgesehen, wovon zur Inbetriebnahme zwei Stück zur Verfügung standen. Zum Einsatz kamen vierachsige Lokomotiven der Bauart Mallets. Die Strecke wurde von den Endpunkten Aalen und Ballmertshofen aus betrieben, wo sich jeweils ein Lokschuppen befand. In Aalen befanden sich zudem die Bahnverwaltung, während in Ballmertshofen die Fahrzeugwerkstätte angesiedelt worden war. Zwei Jahre lang mussten die Züge in Aalen an einem provisorischen Bahnsteig starten, denn der Aalener Personenbahnhof konnte erst nach dem Ende der Umbauarbeiten des Staatsbahnhofs angefahren werden.

Den Stolz der Härtsfelder auf ihre Bahnlinie brachte auch diese zeitgenössische Postkarte mit dem Unterkochener Viadukt und einem Waldabschnitt wie auch dem Streckenverlauf bis Ballmertshofen zum Ausdruck. Die Ansichtskarte ist am 24. Oktober 1901, also ein paar Tage vor Eröffnung der Härtsfeldbahn gelaufen. (Sammlung Jürgen Ranger, Archiv Härtsfeld-Museumsbahn e.V.)

Größere Güterkunden waren auf dem Härtsfeld seinerzeit keine vorhanden, was den Generaldirektor der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft, Johannes Mühlen, im Jahr 1904 zur Gründung der Härtsfeldwerke Neresheim veranlasste. Dieses Kalkwerk wurde im Egautal hinter Neresheim Richtung Dischingen angesiedelt und erhielt einen umfangreichen Werkbahnhof mit 11 Weichen und einer Gleislänge von mehr als 1.000 Metern.

Weiterbau nach Dillingen

Bereits in den ursprünglichen Planungen der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft war eine Weiterführung der Strecke ins bayerische Dillingen an der Donau vorgesehen. Ende 1903 konnte ein Streit zwischen den Städten Lauingen und Dillingen um den Endpunkt der Strecke beigelegt werden. Beide Städte reichten nun eine gemeinschaftliche Petition an das Kgl. Bayerische Staatsministerium und an die Bayerische Kammer der Abgeordneten ein mit der Bitte um einen Staatszuschuß behufs Fortsetzung der Härtsfeldbahn nach Dillingen. Und auch die genaueren Planungen konnten nun beginnen. Die Trasse wurde bereits im März 1904 ausgesteckt und sollte nach der Erntezeit in den Bau gehen. Doch ganz so schnell solle sich das Vorhaben nicht realisieren lassen. Das Gesetz zum bayerischen Lokalbahnbau trat am 10. August 1904 in Kraft. Zum Bau und Betrieb einer Lokalbahn von Dillingen nach Ballmertshofen wurde ein Beitrag von 300.000 Mark gewährt. Eine weitere Verzögerungen ergab sich durch den Staatsvertrag zwischen Württemberg und Bayern über die Herstellung weiterer Eisenbahnverbindungen zwischen beiden Staatsgebieten. Eine nochmalige Verzögerung kam durch die ausstehende Genehmigung des Reichseisenbahnamtes in Berlin zustande, welche erst am 15. Mai 1905 vorlag. Nun, am 24. Mai, nahm das Baubüro in Dillingen seine Arbeit auf und am Tag darauf begannen die Bauarbeiten in Wittislingen. Für die 15 km lange Strecke waren bis zu 420 Arbeiter unter Hochdruck beschäftigt. Die angestrebte Inbetriebnahme Mitte Dezember 1905 konnte jedoch nicht erreicht werden. Die erste Probefahrt fand zwar am 10. Dezember 1905 statt, doch kurz darauf musste festgestellt werden, dass die in Dillingen verlegten Normalspurgleise nicht dem bayerischen Schienenprofil entsprachen und Ersatz beschafft werden musste. Erst als diese Gleise ausgetauscht waren, konnte - endlich - am 24. März 1906 die amtliche Abnahme erfolgen. Die feierliche Eröffnung der Strecke erfolgte am 3. April und am 4. April 1906 wurde der reguläre Zugbetrieb auf der nun 55,49 km langen Härtsfeldbahn aufgenommen.

Obwohl beim Bau des Abschnitts Ballmertshofen - Dillingen nun auch eine Feldbahn mit Lokomotiven zum Einsatz kam, waren immer noch zahlreiche Arbeiter für das Herstellen des Planums, das Verlegen der Gleise und den Bau von Bahnhofsgegäuden notwendig. (Foto: Stadt Neresheim)

Der Betrieb von 1906 bis 1953

Im Zuge der Streckenverlängerung hatte Neresheim einen Lokschuppen erhalten. Das Betriebskonzept für die Jahre 1906 und 1907 betrachtete den Streckenabschnitt Aalen – Ballmertshofen noch als eigenständig. Der Abschnitt Neresheim – Dillingen wurde zusätzlich bedient. Dafür standen nun vier Mallet-Lokomotiven zur Verfügung. In den Jahren 1907/1908 entstand in Neresheim die "Centralstation": Zum Fahrplanwechsel 1907/08 wurde der Betriebsmittelpunkt vollständig nach Neresheim verlegt, der Ballmertshofer Lokschuppen wurde abgerissen und in Teilen als neues Werkstattgebäude in Neresheim wieder aufgebaut und 1908 zog die Bahnverwaltung um. Bald schon zeichnete sich ab, dass eine Trennung von Personen- und Güterverkehr sinnvoll war und dass bei der günstigeren Topographie schwächere Maschinen genügten. Und so wurde 1908 eine Mallet-Lokomotive gegen zwei zweiachsige Kastenlokomotiven mit stehendem Kessel getauscht. 1909 kam dazu von der Filderbahn die dreiachsige Kastenlok „Echterdingen“ nach Neresheim.

Eine weitere Neuerung mit der Eröffnung des bayerischen Streckenabschnitts war die Einführung des Rollbockbetriebs, der zwar bereits in der Konzession für den Abschnitt Aalen – Ballmertshofen vorhanden war, jedoch aufgrund nicht ausreichender Bremsen für den Abschnitt Aalen – Höllhau nicht durchgeführt werden konnte. 

In den 1920er Jahren ist soeben eine Mallet-Lokomotive mit ihrem gemischten Zug aus Richtung Aalen im Endbahnhof Dillingen angekommen. (Foto: Archiv Härtsfeld-Museumsbahn e.V.)

Erfreulich waren in den Anfangsjahren bis zum Ersten Weltkrieg die Überschüsse der Bahn, die 1904 beispielsweise bei 14.066 Mark lagen, 1910 bei 34.936 Mark. Pro Jahr wurden über 200.000 Personen und etwa 55.000 Tonnen Güter befördert. Zum 1. Januar 1910 übernahm die Württembergische Nebenbahnen AG (Wüna) aufgrund einer Umstrukturierung der Tochtergesellschaften der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft die Härtsfeldbahn von ihrer Schwester, der Badischen Lokal-Eisenbahnen AG.

Als Ersatz für die Kastenlokomotiven und zur Rationalisierung des Betriebs beschaffte die Wüna zwei Heißdampftenderlokomotiven mit den Nummern 11 und 12 bei der Maschinenfabrik Esslingen. Diese als „Kleinloks“ bezeichneten Maschinen waren für Einmannbetrieb zugelassen und erwiesen sich als äußerst sparsam und leistungsfähig. Ursprünglich für den Abschnitt Neresheim–Dillingen vorgesehen, kamen sie während des Ersten Weltkriegs, als zahlreiche Mitarbeiter zum Militär eingezogen wurden, auch auf dem Abschnitt Aalen–Neresheim zum Einsatz. Die Malletlokomotiven kamen gegen Ende des Ersten Weltkriegs nur noch für Sondergüterzüge zum Einsatz. Lokomotive 3 musste zudem zu Kriegseinsätzen abgegeben werden und kehrte nicht wieder zurück. Trotz schlechter Kohlen sowie Lokomotiv- und Personalmangel verzeichnete die Härtsfeldbahn im Jahr 1919 neue Rekorde bei Personen (390.000 Fahrgäste) und Gütern (60.000 Tonnen). Die Zahlen im Personenverkehr gingen danach wieder zurück, der Güterverkehr erreichte 1922 mit 73.000 Tonnen einen neuen Spitzenwert. Als Ersatz für Lokomotive 3 stand ab 1920 eine bei Krauss in München gebaute vierachsige Heeresfeldbahnlokomotive als Lokomotive 5 zur Verfügung.

Ab 1921 wurde der Oberbau saniert, was sich negativ im Ergebnis bemerkbar machte. Zurückgehende Fahrgastzahlen und Frachtmengen, die Inflationszeit im Jahr 1923 mit dem Verlust der Rücklagen und die Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929 machten der Bahn zu schaffen, 1931 lag der Verlust bei 51.000 Mark, weshalb die Gesellschaft die Bahnlinie zum Ende des Jahres 1932 stilllegen wollte. Nur eine durch die Länder Bayern und Württemberg sowie diverse Gemeinden organisierte Soforthilfe von 36.000 Mark für die Jahre 1932 bis 1934 und ein Notfahrplan sicherten den Weiterbetrieb. Vor allem steigende Frachtmengen der Härtsfeldwerke sorgten in den folgenden Jahren wieder für bessere Ergebnisse.

Zwischen den Holzverladestationen Waldhausen-Glashütte und Höllhau zieht in den 1950er Jahren Lok 11 ihren Zug die Alb hinauf. So hätte die Aufnahme aber auch schon einige Jahrzehnte vorher entstehen können. (Archiv Härtsfeld-Museumsbahn e.V.)

Während des Zweiten Weltkrieges erreichte die beförderte Fahrgastmenge einen neuen Rekord von 588.000 Personen im Jahr 1944, die Frachtmengen lagen von 1937 bis 1944 jeweils bei etwa 70.000 Tonnen. Zwei Luftangriffe auf Züge der Bahn 1945 kosteten 16 Menschenleben. Dazu waren mehrere Wagen beschädigt und drei Lokomotiven nicht mehr einsatzfähig. Nur noch die Lokomotiven 5 und 11 standen zur Verfügung. Am 20. April wurde der Verkehr eingestellt. Nach Normalisierung der Lage verkehrten ab dem 13. Juni wieder Züge an drei Verkehrstagen pro Woche. Durch die schlechte Versorgungslage der Bevölkerung schnellte in den Jahren 1946 und 1947 die Zahl der beförderten Personen nach oben. Zahlreiche "Hamsterer" fuhren nun zur Nahrungssuche auf das Härtsfeld.

Ähnlich wie nach dem Ersten Weltkrieg wurde die wirtschaftliche Lage der Härtsfeldbahn nach der Währungsreform 1948 aufgrund von Aufwendungen für die Oberbauinstandsetzung un dzurückgehende Beförderungszahlen zunehmend schlechter. Ab 1950 verzeichnete die Bahn Verluste. Daher stellte die Wüna am 12. Juni 1953 einen Antrag auf Entbindung von der Betriebspflicht zum 1. Juli 1953. Diesem wurd erst einmal nicht stattgegeben. Mit Hilfe eines vorläufigen monatlichen Zuschusses des baden-württembergischen Finanzministeriums von 15.000 bis 20.000 Mark konnte der Betrieb erst einmal weitergeführt werden.

Modernisierung und Stilllegung

Unter Leitung des Stuttgarter Verkehrswissenschaftlers Prof. Dr. Carl Pirath wurde von Juli bis Oktober 1953 eine Untersuchung über den Verkehrs- und Betriebswert der Härtsfeldbahn durchgeführt. Pirath gelang es, die volkswirtschaftliche Bedeutung von Nebenbahnen am Beispiel der Härtsfeldbahn aufzuzeigen und die Folgen einer Stilllegung für die Region darzustellen. Er kam zu dem Schluss, dass mit einer Rationalisierung des Betriebs, gefördert durch das Land, ein größerer Nutzen zu erzielen war als mit einem teuren Ausbau des Straßennetzes. Daraufhin wurde der Antrag zur Stilllegung abgelehnt und das Land Baden-Württemberg genehmigte 1954 eine Finanzhilfe von 950.000 Mark für Oberbausanierung und Beschaffung neuer Triebfahrzeuge. Auch der Freistaat Bayern beteiligte sich an der Sanierung der Härtsfeldbahn. Die Württembergische Nebenbahnen AG bestellte daraufhin bei der Waggonfabrik Fuchs in Heidelberg zwei 600 PS starke Schlepptriebwagen (T 30 und T 31), die mit Normalspurzug- und stoßvorichtungen für den Rollbockverkehr versehen waren und 1956 geliefert wurden. Gebraucht erworben wurden zudem im Jahr 1956 zwei Triebwagen der stillgelegten Kleinbahn Bremen–Tarmstedt (T 32 und T 33).

Der Abschluss der Modernisierung wurde am 21. September 1956 mit einer Vorführfahrt gefeiert. Dabei wurde hinter Ballmertshofen auch ein symbolischer Grenzschlagbaum installiert, den der Zug ins Bayerische passieren musste.  (Foto: Archiv Härtsfeld-Museumsbahn e.V.)

Zum Sommerfahrplan 1956 konnte der verdieselte und auf 40 km/h beschleunigte Betrieb mit den drei Triebwagen T 30, T 31 und T 32 aufgenommen werden, die Dampflokomotiven 5, 11 und 12 blieben als Reserve vorhanden. Zwei Personenwagen wurden zum Triebwagenanhänger mit neuem Aufbau modernisiert. Die Fahrgastzahlen stiegen dank eines erweiterten Fahrplans auf bis zu 362.000 Personen (1957), sanken danach jedoch wieder beständig. 1963 passte sich das Angebot der Züge dieser Tatsache an. Für einen erheblichen Rückgang der Transportmenge im Güterverkehr sorgte im Jahr 1965 die Schließung der Härtsfeldwerke.

Ein schwerer Unfall am 1. Mai 1964 mit den beiden Triebwagen T 30 und T 31 bei Katzenstein sorgte noch einmal für die Rückkehr der Dampfreserve. Der in Modernisierung befindliche Triebwagen T 33 wurde beschleunigt fertiggestellt. Außerdem kam von der 1963 stillgelegten Schmalspurbahn Walkenried – Braunlage deren erst 1960 gebauter MAN-Triebwagen als T 37 aufs Härtsfeld.

Die Härtsfeldbahn war ab den 1950er Jahren Versuchsstrecke mehrerer Fahrzeughersteller. Den Anfang machte 1954 eine für Brasilien vorgesehene Diesellokomotive der Lokomotivfabrik Jung, die heute als Museumsfahrzeug in Neresheim vorhanden ist. Des Weiteren wurden Triebwagen der Maschinenfabrik Esslingen für Mallorca und die griechischen Peloponnesbahnen, Ferrostaal-Triebwagen für Peru, Indonesien und Bolivien sowie eine Lokomotive der Firma Krupp für Burma getestet.

Mit zwei Brünigwagen, einem Pufferwagen und einem aufgebockten offenen Normalspurwagen präsentierte sich die Jung-Diesellokomotive im Testeinsatz 1954 auf Talfahrt auf dem Viadukt in Unterkochen.  (Foto: Archiv Härtsfeld-Museumsbahn e.V.)

Im Jahr 1966 brachte die Schließung der Neresheimer Abteikirche wegen Baufälligkeit ein weiteres Minus der Fahrgastzahlen, insbesondere im Sonntagsverkehr. Ab 1967 zahlten die Landkreise Aalen, Heidenheim und Dillingen sowie die Stadt Dillingen einen jährlichen Zuschuss von 50.000 bis 100.000 Mark zum Ausgleich des Defizits. Die Fahrgastzahl lag im Jahr 1971 bei noch 114.172 Reisenden, wobei die Württembergische Nebenbahnen GmbH selbst parallelen Busverkehr betrieb und so 96.313 Personen befördert hatte und werktags kein Personenzugverkehr mehr zwischen Neresheim und Aalen angeboten wurde. 

Die Weigerung des Landkreises Heidenheim Ende 1971, weitere Zuschüsse zu bezahlen führte letztendlich am 25. April 1972 zu einem Stilllegungsantrag seitens der Betreibergesellschaft zum 28. Mai 1972. Sie begründete dies mit einem existenzgefährdenden Defizit von rund 150.000 Mark, welches sie für 1972 erwartete. Wie schon 1932 und 1954 entspann sich eine große Diskussion. Wiederum wurde ein Gutachten erstellt, diesmal jedoch aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht, welches eine Stilllegung empfahl. Der vielfach geäußerte Wunsch, die Bahn als Museums- und Touristikbahn zu erhalten, kam leider nicht zum Tragen. Und so genehmigte der Ministerrat des Landes Baden-Württemberg am 19. Septembr 1972 den Antrag auf Entbindung von der Betriebspflicht. Der Personenverkehr endete am 30. September, der Güterverkehr musste für die landwirtschaftlichen Betriebe noch bis zum 30. November fortgeführt werden. Der Abbau der Strecke begann im Februar 1973 und zog sich bis Januar 1977 hin. Die modernen Fahrzeuge wurden zur Strecke Amstetten – Laichingen abtransportiert. Die dort nicht mehr brauchbaren Fahrzeuge wanderten in den Schrott.

Bei den Abschiedszügen im Herbst 1972 wurde teilweise alles an Personenwagen zusammengehängt, was noch einsatzfähig vorhanden war. So präsentiert sich hier bei herrlichem Herbstwetter ein von Fuchs-Triebwagen T 30 angeführter Zug auf dem Unterkochener Viadukt. In Bildmitte eingereiht ist MAN-Triebwagen T37 und die "Ziehharmonika" TA 253/254.  (Foto: Artur Grimm)

Der (hier überarbeitete) Text wurde vom Autor ursprünglich bereits in der Wikipedia veröffentlicht.