Nützlicher Helfer für Bahnbau und -unterhalt

Dieser Wagen hat nichts mit der früheren Härtsfeldbahn zu tun, aber wir brauchen ihn zum Schottern unserer Gleise, also als Baufahrzeug. Daher stand auch nicht eine museale Aufarbeitung im Vordergrund, sondern eine zeitgerechte und zweckmäßige Instandsetzung. Um dies auch äußerlich kenntlich zu machen, wurde der Wagenaufbau passend zu anderen Arbeitsgeräten in maisgelb lackiert, was dem Fahrzeug sehr gut steht.

Der Wagen wurde 1952 von der Firma Talbot in Aachen für das nicht mehr existierende 900 mm-Grubenbahnnetz im Rheinischen Braunkohlerevier zwischen Köln und Aachen gebaut (siehe weiter unten, Geschichte). In Neresheim wurde er auf Meterspur umgebaut. Die vorhandene Zug- und Stoßvorrichtung des Wagens wurde beibehalten. Gekuppelt wird der Wagen mit einer Kuppelstange, wie sie auch zum Kuppeln von Rollböcken verwendet wird. Auf der Plattform ist genug Platz für zwei Bediener für die Schieber rechts und links, einen Rangierleiter, der die Funkverbindung zum Triebfahrzeug aufrecht erhält, und ggf. noch weitere Personale, die zu Schulungszwecken oder zur Baustelle mitfahren. Der Wagen hat ein Leergewicht von 11 und ein Gesamtgewicht von 34 Tonnen, das ergibt eine Achslast von 17 Tonnen. Damit hätte er übrigens auf der ehemaligen Härtsfeldbahn gar nicht fahren können, denn damals waren nur 10 Tonnen zugelassen.

Im Einsatz

Schotteranlieferung und Beladung mittels Radlader im Bahnhof Neresheim 2009. (Foto: Hannes Ortlieb)

Schottern am Brückenwiderlager der Egaubrücke nahe der Steinmühle 2006. Um den groben Schotter weiter außen am Gleis zu verteilen, wurde aus der oberen Schütte entladen. (Foto: Hannes Ortlieb)

Schottern des Baugleises kurz vor dem Bahnhof Katzenstein im September 2019. Gut ist die Kuppelstange zu erkennen, die am Triebfahrzeug in einer Rockinger-Lkw-Kupplung mündet. Um direkt die Schwellenköpfe zu schottern, wurde aus der unteren Schütte unterhalb des Rahmens entladen. (Foto: Hannes Ortlieb)

Technische Daten

Typ Ommt
Baujahr 1952
Hersteller Talbot
Stationierungen 1952 - 1988: Einsatz auf 900 mm-Tagebau-Grubenbahnen im Rheinischen Revier
1997: an Härtsfeld-Museumsbahn e.V., Neresheim
seit 2000: Einsatz im Bauzugdienst
Länge über Puffer 6.275 mm
Radstand 3.200 mm
Leermasse 11 t
Tragfähigkeit 17 t
Bremsbauform Mehrlösige Druckluftbremse Bauart Knorr mit Einheitswirkung (KE)
Handspindelbremse
Bremsgewicht 7 t (P)
8 t (G)


Geschichte

1952 baute die Aachener Waggonfabrik Talbot vermutlich sechs Schüttgutwagen für die Rheinische AG für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation (RAG). Eingesetzt wurden diese Wagen als Schotterwagen im Braunkohlen-Tagebau Ville bei Hürth-Knappsack. 1960 gingen die Fahrzeuge durch Fusion an die Rheinische Braunkohlenwerke AG (RBW), kurz Rheinbraun. Unser Wagen 184 kam 1974 zur Preussen Elektra (PREAG) und wurde im Tagebau Wölfersheim eingesetzt.

Das Fabrikbild des Wagen 182 zeigt die ursprüngliche Beschriftung. (Waggonfabrik Talbot, Sammlung Wolf Groote)

1991 erwarb die Märkische Museums-Eisenbahn das Fahrzeug. Es wurde erst am 29. Oktober 1992 geborgen. Und schon am 2. April 1993 kam der Wagen an die Öchsle-Museumsbahn, wo die Umspurung auf 750 mm Spurweite erfolgte. Von dort haben wir es am 14. Juni 1997 übernommen.

Am 29. Oktober 1992 erfolgte der Abtransport des Wagens aus dem Tagebau Wölfersheim. (Foto: Wolf Groote)

So haben wir am 19. Mai 1997 in Ochsenhausen den Schotterwagen vorgefunden. Die Katze ließ sich durch unsere penible Inspektion des Fahrzeugs nicht stören. (Foto: Werner Kuhn)

Immerhin vier dieser Fahrzeuge sind erhalten geblieben. Neben unserem Wagen 184, der noch weitgehend der ursprünglichen Ausführung entspricht, findet sich Wagen 182 als SKB 1582 bei der Märkischen Museums-Eisenbahn, dort mit anderen Zug- und Stoßvorrichtungen. Wagen 180 kam zur Selfkantbahn und wurde dort aufgrund der hohen Achslast mit Drehgestellen versehen. Den vierten Wagen setzt der Deutsche Eisenbahn-Verein als Wagen 163 auf der Museumsbahn Bruchhausen-Vilsen - Asendorf ein. Auch dieser Wagen hat Drehgestelle erhalten.

Zum Vergleich: Die Märkische Museums-Eisenbahn hat ihren Wagen 182 optisch dem Auslieferungszustand angenähert. Am 21. Juli 2010 steht er mit frischer Hauptuntersuchung in Hüinghausen im Sauerland. (Foto: Wolf Groote)

Aufarbeitung

Als das Ende der Montage der Gleisjoche auf der Museumsbahnstrecke Neresheim - Sägmühle absehbar war, begannen wir mit der Aufarbeitung des Fahrzeugs. Diese wurde in geradezu rekordverdächtiger Zeit durchgeführt. 

Zuerst wurde der Wagen am 20. November 1999 auf Hebeböcke gesetzt, so dass von unten am Rahmen gearbeitet werden konnte. Die Achshalter und Blattfedern konnten nun ausgebaut werden. Sie mussten beiderseits um ca. 5 cm nach aussen versetzt werden, da sie ja für die Spurweite von 900 mm ausgelegt waren.

Am 25. März 2000 ist das Fahrzeug entrostet und erhält eine Grundierung. (Foto: Werner Kuhn)

Im Januar 2000 wurden die Achsen auf Meterspur umgebaut. Dazu wurden die Radscheiben von den kurzen Achswellen abgedrückt und auf neue aufgepresst, die wir aus alten, regelspurigen Güterwagenachsen anfertigen ließen. Als die Umbauten an den Achshaltern abgeschlossen waren, wurde am 8. April 2000 der Wagen wieder auf eigene Beine, sprich Räder, gestellt. Danach wurde die Bremsanlage auf die neue Spur angepasst und die Druckluftbremse wieder vervollständigt. Die früher vorhandene Druckluftbremse war irgendwann einmal ausgebaut und der Wagen nur noch über die Handbremse gebremst worden. Aber darauf wollten wir uns bei bis zu 20 Promille Gefälle nicht verlassen. 

Mit dem Einachsen am 8. April 2000 war ein erster wichtiger Meilenstein erreicht. (Foto: Jürgen Ranger)

Im Juni 2000 näherten sich die Arbeiten langsam dem Ende. Die Bremsanlage war nun komplett, die Hand- und die Druckluftbremse funktionierten. Anschließend erhielt die Plattformen neue Bleche und das Bühnengeländer wurde erhöht. Dazu kamen noch viele Kleinigkeiten wie der Einbau der Lösezüge und sonstiger Kleinteile. 

Am 12. Juli 2000 war es soweit. Der Schotterwagen erhielt seine Zulassung, allerdings nur vorläufig als Arbeitszugwagen. Bemängelt wurde die fehlende Zugänglichkeit von unten. Daher wurde es Zeit, dass wir uns um eine Grube kümmern mussten. Doch zuerst stand noch die Lackierung an.

Was Farbe ausmacht, kann man hier gut sehen. Es braucht allerdings mehrere Schichten, bis die braune Grundierung unter dem gelben Farbton nicht mehr zu erkennen ist. (Foto: Werner Kuhn)

Seine ersten Einsätze - noch ohne Beschriftung - erfolgten am 29. Juli 2000, gezogen von T 33. Dabei haben wir festgestellt, dass er sehr ruhig läuft und der Schotter sich mit den Klappen und Schiebern sehr gut dosiert ausbringen lässt. Da haben unsere Waggonbauer also erstklassige Arbeit geleistet.

Die Verladung des Schotters erfolgt auf dem S 49-Gleis in Neresheim. Weit ging es am 29. Juli 2000 nicht: der Gleisstrang im Klosteracker wurde eingeschottert. (Foto: Jürgen Ranger)

Bis September 2000 wurde auch die Beschriftung des Wagens abgeschlossen. In dieser Zeit kam Lok 12 als Zugfahrzeug zum Einsatz, mit dem Ziel, die Lok unter Last zu erproben.

Als am 20. September 2000 Lok 12 mit Ommt 184 die Strecke vor dem Haltepunkt Steinmühle einschotterte, herrschte trübes Wetter vor. (Foto: Jürgen Ranger)