Der letzte Original-Güterwagen der Härtsfeldbahn blieb stets dem Härtsfeld treu

Der 1899 bei der Waggonfabrik Herbrand & Söhne in Köln-Ehrenfeld gefertigte Wagen diente bereits beim Bau von Aalen bis Ballmertshofen als Baufahrzeug und wurde nach einem Umbau 1917 in der Werkstatt Neresheim weiterhin vornehmlich als Bahnmeistereifahrzeug verwendet. Bei einer Länge über Puffer von 6.900 mm bietet er eine Ladelänge von 6.000 mm und kann bis zu 10 t Ladegewicht aufnehmen. Bemerkenswert ist, dass das Fahrzeug bereits mit Vollrädern ausgeliefert wurde. 

Nach Stilllegung und Abbau der Strecke in den 1970er Jahren verblieb das Fahrzeug einfach neben dem heutigen Rottenschuppen auf dem Schotter, so dass ihn die Härtsfeld-Museumsbahn sofort wieder übernehmen konnte. Der lange und harte Einsatz im Bauzugdienst hat dem Fahrzeug arg zugesetzt, so dass die Aufarbeitung nicht ganz einfach ist. Und mangels betrieblichen Bedarfs läuft seine Aufarbeitung ohne Priorität. Es ist daher derzeit keine Aussage möglich, wann der Wagen wieder voll einsatzfähig sein wird, prinzipiell ist dies jedoch vorgesehen. Das Fahrgestell und die Holzteile sind soweit fertiggestellt. Hierfür wurden auch Nietarbeiten am Rahmen durchgeführt. Von Mitte August bis Mitte September 2020 befand sich der Wagen beim Sandstrahlen, Grundieren und Lackieren. Derzeit werden die Anbauteile montiert.

Wagen 322 am linken Bildrand zusammen mit den beiden gedeckten Wagen 107 und 103 in Neresheim in den 1960er Jahren. Das Gebäude im Hintergrund ist noch heute vorhanden. (Foto: Sammlung Seidel)

Rungenwagen 322 mit einem ebenfalls zurückgelassenen Rollbock beladen 1979 am Rande des Neresheimer Bahnhofsplatzes neben dem Gebäude, das heute als Materiallager für den Fahrzeug- und Gleisbau dient. (Foto: Sammlung Seidel)

Der Wagen während der Aufarbeitung vor dem Neresheimer Lokschuppen im Mai 2010. (Foto: Hannes Ortlieb)Parade der Arbeitsfahrzeuge vor dem Neresheimer Lokschuppen im Jahr 2013: Rw 322 mit provisorisch angebrachter Stirnwand und Rungen vor Rollwagen Ua 9801 und Ow 301, daneben die Rollbock-Kuppelstangen. (Foto: Hannes Ortlieb) Die beiden Originalradsätze des Wagens mit dem deutlich sichtbaren geprägten Herstellungsjahr 1899. (Foto: Hannes Ortlieb)         

Im August 2020 ist der RW 322 von den Gleisen gehoben und ausgeachst worden. Rahmen und Achsen wurden bei Firma Eisenbarth in Neresheim sandgestrahlt, grundiert und lackiert. Die sandgestrahlten Achsen wurden untersucht: sie sind in Ordnung und müssen doch nicht abgedreht werden. Im September wurde der Wagen wieder eingeachst. Bremsenteile wurden lackiert und teilweise schon wieder eingebaut, die Zug- und Stoßeinrichtung montiert. 

12. August 2020: der RW 322 am Kran, bereit zum Ausachsen und Sandstrahlen (Foto: Ingo Adam)

Technische Daten

Typ Rw
Baujahr 1899
Hersteller Waggonfabrik AG vormals P. Herbrand & Söhne, Köln-Ehrenfeld
Fabriknummer unbekannt (Fabrikschild fehlt)
Stationierungen 1899: Auslieferung als Ow (offener Wagen mit hohen Bordwänden) an Westdeutsche Eisenbahngesellschaft mbH (WDEG)
1901: an Badische Lokal-Eisenbahnen AG (BLEAG), im Bauzugdienst für Strecke Aalen - Ballmertshofen
1910: Württembergische Nebenbahnen AG (WN), Neresheim, Bezeichnung als Wagen 322
1917: Umbau in Rungenwagen (Rw), Einsatz für Bahnmeisterei im Arbeitszugdienst
1973: abgestellt
1976 - 1984: nach Stilllegung und Rückbau der Gleise in Neresheim zurückgelassen
1984: Aufstellung als Denkmal in Neresheim neben Dampflok 11
1995: an Härtsfeld-Museumsbahn e.V., Neresheim
seit 2009: betriebsfähige Aufarbeitung
Länge über Puffer 6.900 mm
Ladelänge 6.000 mm
Radstand 3.200 mm
Leermasse 4,12 t
Tragfähigkeit 10 t
Bremsbauform Handspindelbremse an Bremserbühne