Die Rollböcke

Der Rollbock ist eine Erfindung von Direktor Langbein der Filialfabrik Saronno der Maschinenfabrik Esslingen, die damit viele europäische Schmalspurbahnen belieferte. Die Härtsfeldbahn hatte zunächst 20 Rollböcke im Einsatz, die gebraucht von der Filderbahn übernommen worden waren. Es folgten im Laufe der Zeit weitere Lose von der Filderbahn, so dass nach wenigen Jahren der Bestand auf 28 Stück angestiegen war. Im Zusammenhang mit der Ausdehnung des Rollbockverkehrs auf den Streckenabschnitt Aalen - Ebnat 1950 erfolgte die Aufstockung durch 16 Leihfahrzeuge der WEG-Bahn Amstetten-Laichingen. 1960 folgten nochmals 16 Stück von der DB Strecke Nagold-Altensteig. 

Bei der Härtsfeld-Museumsbahn befinden sich fünf Rollböcke im Bestand: 

Nr. Hersteller Baujahr Geschichte Zustand
2 Maschinenfabrik Esslingen 1897 Alle Rollböcke aus der Erstausstattung der Härtsfeldbahn, bayerischer Teil von 1906 betriebsfähig
5 Maschinenfabrik Esslingen 1897
betriebsfähig
6 Maschinenfabrik Esslingen 1897
nicht betriebsfähig
8 Maschinenfabrik Esslingen 1897
nicht betriebsfähig
24 Maschinenfabrik Esslingen 1900
nicht betriebsfähig

   

Aktuelles

Heute sind die Rollböcke 2 und 5 im Bauzugeinsatz, um Schienen und fertige Gleisjoche zu transportieren. Sie haben im April 2020 eine neue Hauptuntersuchung erhalten. 

Rollböcke 2 und 5 machen sich nützlich beim Gleisbau. Sie haben eben (April 2020) eine frische Hauptuntersuchung erhalten (Foto: Dr. Walter Gekeler)

Der Rollbockverkehr

Die Härtsfeldbahn hatte in Aalen und in Dillingen Anschluss an die regelspurige Staatsbahn. Fahrgäste konnten umsteigen, aber Güter mussten umgeladen werden - es sei denn, die regelspurigen Wagen konnten sozusagen "huckepack" auf Rollböcken geladen auf die Schmalspur übergehen. Dazu wurde in Dillingen gleich mit dem Anschluss 1906 eine Rollbockgrube zum Umsetzen regelspuriger Güterwagen auf die Schmalspur eingerichtet. Die aufgebockten Güterwagen konnten immerhin bis Ebnat gefahren werden. So war namentlich der Holzversand zweigeteilt: von den Holzverladestellen Waldhausen und Höllhau nördlich Ebnat über Aalen: umständlich, aber näher, und von Brünstholz, Bärenloh, Neresheim und Sägmühle über Dillingen: weiter, aber bequemer. 

Ein Regelspurgüterwagen auf Rollböcken an der Rampe in Neresheim, ca. 1970. (Foto: Sammlung Kurt Seidel)

Für den Albauf- bzw. besonders den Abstieg war die übliche Saugluftbremse jedoch nicht geeignet. In Aalen Gbf bestand deshalb nur die Möglichkeit, die auf die Härtsfeldbahn übergehenden Güter von Hand auf Schmalspurgüterwagen umzuladen. Dazu befand sich über Gleis 3 und 4 (Regelspur) eine offene Umladehalle. Als man sich 1950 dazu entschloss, die Fahrzeuge auf Druckluftbremse umzurüsten, konnten die Rollbockfuhren auch von und bis Aalen Gbf gehen. Dort wurde 1950 neben der Umladehalle eine Rollbockgrube eingerichtet. Nach einigen Jahren wurde anstelle der Umladehalle eine zweite Rollbockgrube eingerichtet.

Rollbockgrube im Gbf Aalen, 1967. (Foto: Winkler / Archiv HMB)

Die meisten Rollböcke hatten eine Bremseinrichtung, zunächst Saugluft, ab 1950 Druckluftbremse. Daher mussten keine Gewichts-, Zwischen- oder Bremswagen mitgeführt werden. Zum Kuppeln der aufgebockten Regelspurwagen mit den Schmalspurfahrzeugen gab es drei Möglichkeiten:

-  Entweder wurde ein sog. Pufferwagen zwischen Regelspur- und Schmalspurzug eingehängt. Das waren schmalspurige gedeckte Güterwagen, die in eigenen Werkstätten verstärkte Stirnwände mit hochgesetzten Regelspur Stoß- und Zugvorrichtungen erhalten hatten. Ein solches Exemplar ist als Gw 155 erhalten; 

- oder die Rollböcke konnten mit einer Kuppelstange an die Schmalspurpuffer gekuppelt werden. Dazu dienten die zwei Löcher in den Mittelpuffern, die manch aufmerksamem Betrachter schon aufgefallen sein können. Die Stangen hatten zwei Zinken, die in diese Löcher passten, um ein Abrutschen zu verhindern;

- oder die Regelspurfahrzeuge wurden direkt an die Triebwagen gekuppelt, die dafür mit hochgesetzten Stoß- und Zugvorrichtungen für die Regelspur ausgerüstet waren.  

Unter sich werden die aufgebockten Fahrzeuge mit ihren eigenen Kupplungen gekuppelt. An den Unterwegsbahnhöfen gab es keine regelspurigen Abstellgleise, anders als z.B. in Altensteig, so dass die Rollböcke für die ganze Lade- und Standzeit eines Regelspurgüterwagens "blockiert" waren. Besonders zu verkehrsstarken Zeiten wie der Rübenkampagne waren alle Rollböcke im Einsatz, und es war eine logistische Herausforderung, dass es nicht zu Engpässen kam. Eine Herausforderung war auch das Befahren der oft schlechten Gleislage mit den Fuhren mit ihrem manchmal gewagt hohen Schwerpunkt, besonders die Schotterwagen Ommi51: mehr als einmal kippten solche Wagen um. Man war aber geübt, diese schnell zu bergen und wieder auf die Gleise zu stellen. Spektakulär sahen auch aufgebockte vierachsige Güterwagen aus - das waren meist Langholztransporte. Die Drehgestelle mussten einen Achsstand von mindestens zwei Metern haben, damit die jeweils zwei Rollböcke darunter passten. 

Vierachser auf Rollböcken. (Foto: Sammlung Kurt Seidel / Archiv HMB)