HMB 5 - der "Herbrandwagen"

Der Wagen wird nach seiner Herstellerfirma so benannt. Von dieser Firma im Rheinland stammte die Grundausstattung mit 7 bequemen modernen Vierachsern zur Eröffnung der Härtsfeldbahn 1901. Keiner der Wagen ist mehr im Original erhalten. Aber ein sehr ähnlicher Wagen konnte im Jahr 2000 erworben und restauriert werden (siehe weiter unten, Geschichte). Nach knapp fünfjähriger Aufarbeitungszeit ging der Wagen zur Bahnhofshocketse am 12. August 2006 als HMB 5 beschriftet - in Betrieb. 

Aktuelles

Letzte Hauptuntersuchung März 2018. Der Wagen steht im planmäßigen Einsatz.

Wagen 5 im Bahnhof Neresheim während der Zugvorbereitung (Foto: Ulrich Schiele)

Wagen 5 in seitlicher Ansicht, eingereiht im Dampfzug im Juli 2020. (Foto: Hannes Ortlieb)

Technische Daten

Typ B4i
Baujahr 1909
Hersteller Herbrand
Stationierungen 1909 - 1968: Oberrheinische Eisenbahngesellschaft
1968 - 1988: DGEG Museen Bochum-Dahlhausen und Viernheim
1988 - 2000: Brohltalbahn
seit Juli 2000: Härtsfeld-Museumsbahn
Länge über Puffer  11.320 mm
Höhe  3.400 mm
Breite  2.360 mm
Radstand  Drehzapfenabstand 6.000 mm, Drehgestellradstand 1.200 mm
Dienstmasse  11,9 t
Sitzplätze  48

Geschichte

Die Härtsfeldbahn erhielt im Lauf der Jahrzehnte verschiedene Bauformen von Personenwagen: 

  1. zur Betriebseröffnung 1901 eine Grundausstattung aus sieben fabrikneuen vierachsigen, formschönen und bequemen Wagen der Firma Herbrand (Spitzname "Herbrandwagen")
  2. 1906 anlässlich der Verlängerung nach Dillingen vier zweiachsige und zwei vierachsige Gebrauchtfahrzeuge von der Filderbahn bzw. von der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn aus dem Konzernverbund der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft (W.E.G.). Die Zweiachser waren ursprünglich auf der Stuttgarter Zahnradbahn - der "Zacke" - eingesetzt und haben daher den Spitznamen "Zackewagen". Die Vierachser waren in der Hauptwerkstatt der W.E.G. in Liblar aufgearbeitet worden und hatten daher den Spitznamen "Liblarer".
  3. 1949, nach der Währungsreform vier dreiachsige Gebrauchtfahrzeuge aus der Schweiz aus der Ursprungsausstattung der Brünigbahn, um beschädigte Fahrzeuge ersetzen und den verstärkten Personenverkehr bewältigen zu können ("Brünigwagen").
  4. 1956 zwei vierachsige Personenwagen der Kleinbahn Bremen - Tarmstedt, die zusammen mit den Triebwagen als Beiwagen zur Modernisierung der Härtsfeldbahn gekommen waren.
  5. Auf den Fahrgestellen zweier Herbrand- und zweier Brünigwagen entstanden 1954/1955 bzw. 1962/1963 Triebwagenanhänger, indem diese - optisch den Triebwagen angepasst - einen neuen Aufbau der Firma Auwärter erhielten.

Fünf Fahrzeugtypen sind auch heute noch in Neresheim anzutreffen und größtenteils auch schon in den Museumszügen im Einsatz, darunter auch die "Zackewagen". Nicht mehr vorhanden sind die zwei  vierachsigen "Liblarer Wagen", die ebenfalls 1906 zur Härtsfeldbahn gekommen waren und 1956 verschrottet wurden, und die zwei ebenfalls vierachsigen Personenwagen der Kleinbahn Bremen - Tarmstedt.

Die Herbrandwagen

Im Jahr der Eröffnung 1901 erhielt die Härtsfeldbahn einen Grundstock an Rollmaterial, um den Betrieb auf der zunächst knapp 39 km langen Strecke zwischen Aalen und Ballmertshofen mit vier Zugpaaren täglich abwickeln zu können. Die Lieferung von sieben vierachsigen Drehgestell-Personenwagen der Firma Herbrand aus Köln stellte dabei eine durchaus gehobene Ausstattung dar, waren doch damals zweiachsige kurze Wagen mit starren Achsen üblich, gerade für Nebenbahnen. Bei solchen Wagen handelte es sich normalerweise sozusagen um "Katalogware", da viele Waggonfabriken um die Jahrhundertwende eine typische Auswahl an Fahrzeugen für Nebenbahnen anboten, aus denen sich die zahlreichen Bahngesellschaften bedienen konnten. Individuelle Anpassungen bezüglich der Ausstattung wie auch der Abmessungen waren dabei jedoch üblich. Die komfortablen Wagen für die Härtsfeldbahn waren jedoch eine Sonderanfertigung nur für diese Bahn. Die Firma Herbrand war so etwas wie der Hauslieferant für den WEG Konzern, zu dem auch die Härtsfeldbahn gehörte.

Hier Bilder eines Zuges mit einem Herbrandwagen an der Spitze einst ....      ...und jetzt. 

Von den originalen Herbrandwagen der Härtsfeldbahn ist leider keiner mehr in seiner Ursprungsausführung vorhanden. Von Nr. 1 und 3 sind die Fahrgestelle unter den Triebwagenanhängern TA 101 und 103 erhalten. Zwei Wagen wurden bis 1910 abgegeben, einer davon gelangte an die Albtalbahn und ist längst verschwunden. Die Nummern 2, 6 und 7 blieben bis in die 1960er Jahre im Betriebsbestand, wurden aber im Oktober 1971 verschrottet.

Wagen 5 - ein Ersatzexponat

Daher blieb nur die Möglichkeit, ein baugleiches Fahrzeug aufzuspüren, zu erwerben und im Aussehen der früheren Härtsfeldbahnwagen anzupassen und wieder einsatzfähig zu machen. Durch einen freundlichen Hinweis eines namhaften Mitglieds der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahn-Geschichte e.V. (DGEG) haben wir einen (fast) baugleichen Herbrand Vierachser abgestellt bei der Brohltalbahn entdeckt. Dank der großzügigen Unterstützung von Franz Rieger, Chef des Möbelhauses Möbel Rieger, der uns im Namen seines Unternehmens die Anschaffung mit einer großen Summe gesponsert hat, konnten wir das Fahrzeug erwerben. Dank weiterer Spenden einiger Mitglieder konnten der Kaufpreis und die Transportkosten ausschließlich mit Spenden finanziert werden. 

Dieser Wagen wurde 1909 an die Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft (SEG) für deren Nebenbahn Käfertal - Heddesheim geliefert und trug dort die Nummer 256. Mit Gründung der Oberrheinische Eisenbahngesellschaft (OEG) am 8. Juli 1911 ging er mitsamt der Nebenbahn an diese Gesellschaft über. Die OEG betreibt noch heute als Rhein-Neckar-Verkehr GmbH eines der größten Meterspurnetze zwischen den Städten Mannheim, Weinheim und Heidelberg mit modernen Straßenbahnfahrzeugen. Zwischen 1942 und 1944 ist ein Umbau des Wagenkastens erfolgt und 1949 hat das Fahrzeug die neue Nummer 131 erhalten. 

In gewisser Weise handelt es sich bei dem Wagen um das Fahrzeug, das wohl am längsten als Traditions- bzw. Museumsfahrzeug im Einsatz ist. Schon 1964 wurde es für den Einsatz im Dampf-Traditionszug der OEG hergerichtet. Dieser Dampfzug kam in den folgenden Jahren anlässlich verschiedener Jubiläum auf dem Netz der OEG zum Einsatz. Anfang 1968 gab die OEG den Zug ab. Die Dampflokomotive und zwei der drei Wagen blieben an verschiedenen Orten bis heute erhalten. Unser Wagen gelangte zur DGEG und ergänzte ab Mitte 1969 die DGEG-Fahrzeugsammlung im Eisenbahn-Museum Bochum-Dahlhausen. Mit der Einrichtung des Rhein-Neckar-Museums für Schmalspurfahrzeuge in Viernheim kehrte er Ende 1975 in seine alte Heimat zurück. Als absehbar war, dass das Museum in Viernheim zum 1. Januar 1989 geschlossen werden sollte, vermietete die DGEG den Wagen an die IG Brohltal-Schmalspurbahn. Von 1988 bis 1996 verkehrte der Wagen bei der Brohltalbahn. Seit dem 5. Juli 2000 ist der Wagen in Neresheim. Die Nummer 5 ist fiktiv. Sie füllt die Lücke zwischen den Zacke- und den Brünigwagen. Der Bezug zur alten Nummer ergibt sich aus deren Quersumme.

Der HMB 5 unterscheidet sich wie folgt von den Originalfahrzeugen:


HMB 5, ex OEG Härtsfeldbahn
Gewicht 11.900 kg 11.000 kg
Länge über Puffer (LüP) 11.320 mm 11.600 mm
Drehzapfenabstand 6.000 mm 7.000 mm
Drehgestellradstand 1.200 mm 1.200 mm
Wagenhöhe 3.400 mm ca. 3.300 mm
Wagenkastenlänge 8.610 mm 8.580 mm
Wagenkastenbreite 2.360 mm 2.650 mm
Plattformtiefe 1.000 mm 1.000 mm

Der Wagen ist also etwas kürzer, höher und schmäler als die Härtsfeldbahn-Originale. Die Fensterteilung des OEG-Wagens war auch eine Andere, sie wurde originalgetreu dem Härtsfeldbahnvorbild entsprechend geändert. Die Wagenenden waren geschlossen, nun sind die Bühnen offen. 

In der ersten Zeit im Brohltal - hier im Bahnhof Brohl - zierten den Wagen OEG 131 noch Aufkleber, die auf das 75jährige Jubiläum der OEG im Jahr 1986 aufmerksam machten. (Foto: Jürgen Ranger)

Die betriebsfähige Aufarbeitung des HMB 5 ist in ausgewählten Bildern dargestellt. Wegen der vielen Bilder sind die Seiten aufgeteilt: