HMB 1 - der "Zackewagen"

Der Museumsbahnwagen HMB 1 repräsentiert den Wagentyp der ehemaligen Wagen der Stuttgarter Zahnradbahn, die 1906 zur Härtsfeldbahn kamen (siehe weiter unten, Geschichte). HMB 1 wurde als erster Personenwagen der Härtsfeld-Museumsbahn aufgearbeitet. Als Basis diente der Zahnradbahn-Beiwagen der Stuttgarter Straßenbahnen Nr. 117, der der "langen Ausführung" entspricht. Die Aufarbeitung begann 1994 und dauerte bis zum Juli 2001. Der Wagen war also zur Eröffnung der Museumsbahnstrecke einsatzbereit. Ein Bericht über die damalige Aufarbeitung findet sich hier. 

Aktuelles

Der Wagen hat zuletzt im Jahr 2019 eine komplette Erneuerung einer Seitenwand und eine Hauptuntersuchung erhalten. Er ist im planmäßigen Einsatz.

Wagen 1 eingereiht im Dampfzug in Neresheim im Juli 2020. (Foto: Hannes Ortlieb)

Technische Daten

Typ Bi
Baujahr 1896
Hersteller Maschinenfabrik Esslingen
Stationierungen 1896-1983: Zahnradbahn Stuttgart - Degerloch (Im Filderbahnkonzern), Nr. 5, 1910 Nr. WN 1, 1928 Stuttgarter Straßenbahnen Nr. 7, 1934 Nr. 117
1983 - 1992: Denmal bei der Firma Weitmann & Konrad, Leinfelden-Echterdingen
seit 1992: Härtsfeld-Museumsbahn e.V., Neresheim
Länge über Puffer  10.500mm
Breite  2.500 mm
Radstand  4.000 mm
Dienstmasse  6,1 t
Anzahl Sitzpplätze 48

Geschichte - verschiedene Personenwagen der Härtsfeldbahn

Die Härtsfeldbahn erhielt im Lauf der Jahrzehnte verschiedene Bauformen von Personenwagen: 

  1. zur Betriebseröffnung 1901 eine Grundausstattung aus sieben fabrikneuen vierachsigen, formschönen und bequemen Wagen der Firma Herbrand (Spitzname "Herbrandwagen")
  2. 1906 anlässlich der Verlängerung nach Dillingen vier zweiachsige und zwei vierachsige Gebrauchtfahrzeuge von der Filderbahn bzw. von der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn aus dem Konzernverbund der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft (W.E.G.). Die Zweiachser waren ursprünglich auf der Stuttgarter Zahnradbahn - der "Zacke" - eingesetzt und haben daher den Spitznamen "Zackewagen". Die Vierachser waren in der Hauptwerkstatt der W.E.G. in Liblar aufgearbeitet worden und hatten daher den Spitznamen "Liblarer".
  3. 1949, nach der Währungsreform vier dreiachsige Gebrauchtfahrzeuge aus der Schweiz aus der Ursprungsausstattung der Brünigbahn, um beschädigte Fahrzeuge ersetzen und den verstärkten Personenverkehr bewältigen zu können ("Brünigwagen").
  4. 1956 zwei vierachsige Personenwagen der Kleinbahn Bremen - Tarmstedt, die zusammen mit den Triebwagen als Beiwagen zur Modernisierung der Härtsfeldbahn gekommen waren.
  5. Auf den Fahrgestellen zweier Herbrand- und zweier Brünigwagen entstanden 1954/1955 bzw. 1962/1963 Triebwagenanhänger, indem diese - optisch den Triebwagen angepasst - einen neuen Aufbau der Firma Auwärter erhielten.

Fünf Fahrzeugtypen sind auch heute noch in Neresheim anzutreffen und größtenteils auch schon in den Museumszügen im Einsatz, darunter auch die "Zackewagen". Nicht mehr vorhanden sind die zwei  vierachsigen "Liblarer Wagen", die ebenfalls 1906 zur Härtsfeldbahn gekommen waren und 1956 verschrottet wurden, und die zwei ebenfalls vierachsigen Personenwagen der Kleinbahn Bremen - Tarmstedt.

Die sogenannten "Zackewagen"

Im Jahr 1906 wurden vier altbrauchbare Zahnradbahnwagen von der Stuttgarter Zahnradbahn (damals Filderbahn), die ebenfalls zum WEG-Konzern gehörte, für den Einsatz bei der Härtsfeldbahn abgegeben, nachdem durch die Streckenverlängerung ins bayrische Dillingen an der Donau ein Mehrbedarf an Personenwagen entstand. Es handelte sich hierbei um zweiachsige Personenwagen, die in zwei verschiedenen Längen und Fensterteilungen ausgeführt waren. Die Wagen hatten ursprünglich eine Zahnradbremse und waren schon für den Einsatz auf den Adhäsionsstrecken der Filderbahn mit konventionellen Bremsen (damals Saugluftbremsen) ausgestattet worden, das Bremszahnrad wurde ausgebaut. Einer der längeren Wagen wurde bereits 1908 nach einem Unfall bei Zöschlingsweiler verschrottet. Die beiden kurzen Wagen sind 1937 verschrottet worden. Der letzte "Zackewagen", zuletzt als WN 8 bezeichnet, kam bis zur Lieferung der Triebwagen in den 1950er Jahren zum Einsatz. Ein Umbau in Triebwagenanhänger fand nicht statt. 1958 wurde der Wagen verschrottet.

Einer der Wagen in seinem ursprünglichen Einsatzgebiet auf der noch dampfbetriebenen "Zacke" in Stuttgart mit der gleichnamigen Lok. Um 1900. (Foto: Archiv HMB)

Glücklicherweise haben sich mehrere Wagen erhalten, die in späteren nach dem Vorbild der langen Fahrzeuge gebaut worden waren. Nach der Modernisierung der Stuttgarter Zahnradbahn in den 1980er Jahren wurden die dort noch existierenden alten Zahnradbahnwagen entbehrlich und an diverse Interessenten abgegeben. Zwei Wagen sind im Straßenbahnmuseum in Stuttgart gelandet (SSB 118 und 120), weitere gingen an einen Privatmann (SSB 117), an ein geplantes Straßenbahnmuseum in Schönau (SSB 116) und an das Straßenbahnmuseum Hannover (SSB 119). Nach und nach haben wir die drei letztgenannten Wagen der alten Stuttgarter Zahnradbahn erworben um sie zu Personenwagen umzubauen. Die Wagen waren jahrelang im Freien und meist ohne Witterungsschutz abgestellt und sind zum Teil sehr stark angegriffen. Eines der Probleme beim Umbau der Wagen ist die Bremsanlage. Die Wagen hatten nämlich alle nur eine Zahnradbremse auf der talseitigen Achse und keine Adhäsionsbremse. Diese mussten wir nach dem Vorbild des Umbaus von 1906 nachbauen.

Bei der Vergabe der Nummern haben wir uns übrigens an die ursprünglichen Nummern angelehnt, denn unsere drei Wagen haben von 1910 bis 1928 genau diese Nummern getragen.

Kurz vor seiner Ausmusterung im Jahr 1982 steht Wagen 117 am Stuttgarter Marienplatz zur Bergfahrt nach Degerloch bereit. (Foto: Engelbert Siegner)